Ortsbeirat Meimersdorf / Moorsee zum Thema A21

Man kann es drehen und wenden, wie man will: "bielenbergkoppel.de" ist nicht wirklich eine Fan-Seite für automobile Infrastrukturprojekte des Bundes, sofern es um Neu- oder Ausbauten von Bundesstraßen oder Autobahnen geht. Egal ob es sich um die A100 in Berlin, die "Küstenautobahn" A20 oder die A21 handelt. Von der Kieler Südspange und Ostring II, die eines Tages durch den Kieler Grüngürtel geführt werden sollen, ganz zu schweigen. Es ist auch nicht so, dass man von Natur aus ein Mitgefühl für das große Leid entwickelt, das Autofahrern durch zu kleine Straßen angetan wird, wenn man seit 28 Jahren in Sicht-, Hör- und Riechweite des Barkauer Kreuzes wohnt und arbeitet. Und in dieser Zeit die Autos nicht nur immer größer wurden, sondern gleichzeitig immer weniger Menschen darin sitzen.

Insofern war der Besuch der jüngsten Sitzung des Kieler Ortsbeirates Meimersdorf / Moorsee eine kleine Sensation für den Schreiber. Nicht, dass hier jetzt plötzlich "Nach uns die Sintflut!" bzw. "Her mit den Autobahnen!" gefordert wird. Aber dass man gleichzeitig mit einem "Autobahnermöglicher" und Autobahnbefürwortern mitleidet, ist doch schon mal was.

Gut 80 Menschen folgten bei norddeutschem Charakterwetter der Einladung des Ortsbeirates ins pickepackevolle Feuerwehrgerätehaus in Meimersdorf, um den Ausführungen vom Kieler Tiefbauamtsleiter Peter Bender zum Planungsstand beim Ausbau der B404 zu folgen. Wobei man gleich einschränkend sagen muss: Um eine Planung ging es im Endeffekt dann doch nicht.

Ein gebrauchter Abend für die meisten.

Denn der Amtsleiter stellte im Ortsbeirat lediglich die "Position der Verwaltung" vor, wie das drumherum bei der Autobahn im Süden Kiels aussehen solle. Wo der örtliche Verkehr langlaufen soll, der nicht autobahntauglich ist. Nur gab es da, grob gesagt, drei Probleme:

Brücke der B404 über den Wellseedamm

Da wurde, erstens, vor 2013 schon viele Jahre drüber geredet und es wurden Beschlüsse gefasst. Bis ins Detail. Mit Bürgerbeteiligung, mit Ortsbeirat und allem Pipapo. Die dergestalt über lange Jahre engagierten Bürger*innen bekamen nun erklärt, dass die Planung wieder "bei Null" anfange, weil der Stand von 2013 rechtlich nicht mehr zu halten sei. Ausschreibung, Kartierung, Auswertung: alles wieder von vorne. "Alles für die Katz!!" war wütend aus dem Plenum zu hören. Dass Bender eigentlich nur der Überbringer dieser "schlechten" Nachrichten war und diese Gesetze nicht selbst gemacht hat, machte es für ihn nicht unbedingt besser.

Zweitens, um die Spannungskurve noch ein wenig zu steigern: Das, was dort als Position der Verwaltung dargestellt wurde, war praktisch genau das Gegenteil von dem, was wohl in der Vergangenheit besprochen wurde. Verlegung der Nebenverkehre westlich der A21 bei Wohngebieten statt östlich beim Gewerbegebiet. Warum so und wie genau das im Detail sein soll: Fehlanzeige. Man kann bereits an diesem Punkt durchaus nachvollziehen, dass sich viele Anwesende verhonepipelt vorkamen und sich der Abend für Peter Bender nicht vergnügungssteuerpflichtig entwickelte.

Das Ganze wurde dann schließlich (drittens) noch dadurch getoppt, dass Bender das Prozedere so erklärte, dass eine Entscheidung des Ortsbeirates zu dieser neuen Position der Verwaltung "angestoßen" werden solle. Also so eine Art ad-hoc-Blankoscheck für die rudimentär dargestellten Vorstellungen der Stadtverwaltung. Meimersdorf war nun endgültig - und das auch völlig verständlich - auf der Zinne gegen den städtischen "Autobahnermöglicher", der insgesamt einen sehr gebrauchten Abend erlebte und wirklich nicht zu beneiden war. Unabhängig davon, dass Bender zumindest an diesem Abend nicht gerade als empathischer Projekt-Erklärer in Erscheinung trat. Ein wenig glättete letztlich der anwesende Grüne Ratsherr Arne Langniß die Wogen, indem er eine Klärung des Widerspruches von ursprünglichen Beschlüssen und aktueller Position des Tiefbauamtes seitens der Ratspolitik in Aussicht stellte. Und bis dahin solle der Prozess gestoppt werden.

Einen wirklich guten Abend verbrachte hingegen der Schreiber, obgleich bei der Radtour hin und zurück noch Luft nach oben war. Denn Verzögerung bei Autobahnprojekten allgemein, aber ganz besonders bei diesem: des einen Leid ist des anderen Freud. "Wann kann ich fahren?!?" fragte ein Anwesender in Bezug auf den Autobahnabschnitt. Ein erster Spatenstich ist wohl nicht vor 2024 zu erwarten, war sinngemäß die Antwort. Läuft ...

Und ganz ab vom Thema: so ein dörfliches Gremium, wo schön mit norddeutschem Humor oder hochrotem Kopf "gekielert" und geduzt wird, ist ein ganz anderer Schnack als die teilweise albernen politischen Schaukämpfe, die man bereits auf der Ebene der Kieler Ratsversammlung erlebt. Hach!

Und zwischendurch: Thema Südspange.

Der Ortsbeiratsvorsitzende Carsten Rockstein vermutete ganz richtig, dass viele Besucher*innen auch wegen dieses Themas gekommen wären. Bender verwies hier auf die Variantenprüfung von 2016, aber dass die Südspange eigentlich nicht Thema des Abends sei.

Die etwas veränderte Position der Stadt, quasi eine "halbe" zusätzliche Ausfahrt der A21 vom Süden zur Edisonstraße im Gewerbegebiet Wellsee selbst finanzieren zu wollen, beflügelte die Fantasie mancher anwesender Süspangengegner*innen, dass man hier ja Verkehr Richtung Ostufer lang führen könnte, statt die Südspange zu bauen. Eine Position, die von dieser Seite so nicht vertreten wird. Denn gegen die Variante über Wellsee gibt es auch verständlicherweise Widerstand von den dortigen Anliegern. Das Thema dieser Seite ist nicht Verlagerung von Verkehr nach dem Sankt-Florians-Prinzip, sondern Vermeidung und bessere Mobilität. Weniger Autos für alle, statt mehr Autos mit neuen Straßen.

Wenn man realistisch ist, wird irgendwann mit großer Wahrscheinlichkeit die Autobahn bis zum Gewerbegebiet Wellsee gebaut werden und die Lücke zum vorhandenen Teilstück geschlossen. Es ist völlig legitim, dass Meimersdorfer Bürger*innen hier die subjektiv beste Lösung für ihren Stadtteil anstreben, was das Drumherum angeht.

Würde mit gleichem Engagement auch für eine leistungsstarke Anbindung des Stadtteiles an den ÖPNV gekämpft, wäre schon viel gewonnen. Und das hieße ganz klar: Für eine Stadtbahnlinie über die vorhandene Trasse im Gewerbegebiet Wellsee, die für eine direkte Anbindung des größten Kieler Wohnbau-Projektes nach Neu-Meimersdorf verlängert wird.

Dort sind auch u.a. auch 1000 Geschosswohnungen geplant. Laut Kieler Kleingartenkonzept ergibt sich daraus ein Bedarf an 100 Kleingärten in der Nähe. Diese Gärten gibt es bereits: auf den Bielenbergkoppeln auf der anderen Seite der Bahnstrecke. Und dazu wunderschöne Flora und Fauna in einem großen, zusammenhängenen Stück Grüngürtel ohne Autobahn, wo auch Menschen aus Meimersdorf, Moorsee und Kronsburg durchatmen können. Und nicht nur diejenigen vom Barkauer Kreuz, dem Theodor-Heuss-Ring oder der Alten Lübecker Chaussee.

Noch.