Der 26.7.2018 war ein sehr heißer Tag in Kiel. Und ein guter Tag, um sich mit Fakten rund um den geplanten Bau von Südspange und A21 zu beschäftigen. Nach dem Treffpunkt am dröhnenden und heißen Theodor-Heuss-Ring ging es nach kurzer Radfahrt auf den Hörn-Eidertalwanderweg. Auf der wahrscheinlichen A21-Nebenstrecke war es plötzlich schattig, kühl und ruhig.

Gerade ein Jahr war vergangen, dass die Kieler SPD in der Ratsversammlung einem Bau der A21 bis zum Barkauer Kreuz und der Südspange durch Kleingartenanlagen zugestimmt hatte, als sich der damalige SPD-Ortsbeiratsvorsitzende von Kiel-Mitte, Max Dregelies, und damalige neugewählte Hasseer SPD-Ratsherr, Philipp Schüller, auf einer gemeinsamen Radtour für Fakten interessierten. Und sich nicht mit dem Märchen zufrieden gaben, dass mit einer Südspange, dem Ausbau zur A21 und dem Ostring 2 die Anwohner "endlich" von Verkehrslärm entlastet würden.

An dieser Stelle ein herzlicher Dank. Dass die Kieler SPD vier Jahre später mehrheitlich mit alten Mythen und Tabus bricht und sich mit Fakten beschäftigt, ist sicher auch ein Verdienst dieser beiden "Pioniere".

Aber das Klimagürtel-Bündnis hat in seiner aktuellen Pressemitteilung zur Neupositionierung der Kieler SPD recht: Da ist leider noch "Licht und Schatten".

Licht, weil die einschlägigen Gutachten endlich zur Kenntnis genommen werden und die negativen Folgen für Mensch, Umwelt und Verkehr benannt werden. Statt die seit vielen Jahren vorwiegend bescheidene, auslassende Berichterstattung der Kieler Nachrichten oder das Bauchgefühl wütender Helmuts als Maßstab zu nehmen.

Dass endlich die A21 an sich mit den nötigen flächenfressenden Nebenstrecken in Frage gestellt wird, ist ein überfälliger Durchbruch. Denn niemand versteht, dass es unbedingt eine Autobahn (exklusiv für Autos) statt einer Bundesstraße (für alle) sein muss, die zum Barkauer Kreuz geführt wird.

Und Schatten, weil der Mut zu klaren Formulierungen fehlte: Da steht sogar im Zusammenhang mit dem ohnehin mausetoten Ostring 2 noch "überprüfen" (pdf) drin statt mit vier Buchstaben ein Statement zu setzen: "NEIN!".

Schatten auch, weil eine "Südspange Light" nicht ausgeschlossen wird, wenn sie "aus verkehrlicher Sicht notwendig" sei. Dieser Passus, der im Jahr Sieben nach Paris offensichtlich immer noch die Belange des Verkehrs höher als jene von Umwelt und Klima gewichtet, ist wirklich crazy.

Von dieser Seite werden bereits seit 2017 alle "NIMBY*-Lösungen" verworfen, die das Problem zu vieler Autos verlagern und verschärfen. Dazu gehört auch der "Planfall 3" aus der städtischen Variantenprüfung, wo auf eine Südspange verzichtet wird und der gottgegeben & schicksalhaft steigende Autoverkehr dann komplett über einen ausgebauten Wellseedamm geführt werden soll. An Wohngebieten vorbei. Umso mehr gilt dies für die "Light"-Variante, einen Durchstich durch den Grüngürtel vom Wellseedamm zur B76 zu machen. Im schlimmsten Fall sogar mit Entwidmung des Industriegleises ins Wellseer Gewerbegebiet, das eine mögliche Tram-Trasse in den Süden darstellt.

Sollten diese Vorstellungen Realität werden und auch von der im stillen Kämmerlein brütenden Planungsgesellshaft DEGES favorisiert werden: Die Bielenbergkoppeln wären zwar als betroffenes Kleingartengebiet raus. Die Website "Bielenbergkoppel" wird aber weiter dafür werben, dass bessere Mobilität und mehr Lebensqualität mit einem kühlenden, klimafreundlichen und ruhigen Kieler Grüngürtel Realität bleiben.

* NIMBY = "Not in my back yard". Im Deutschen als St. Florians Prinzip bekannt: „Heiliger Sankt Florian / Verschon’ mein Haus, zünd’ and’re an!“

202101 spd on tour["SPD Kiel On Tour": Exkursion & Gespräch 2020 auf der Bielenbergkoppel]