Die Stadt Kiel hat 2010 eine Studie mit 250.000 Euro Kosten in Auftrag gegeben, um vier mögliche Varianten der Anbindung der A21 an Kiel zu prüfen. Zwei dieser sogenannten "Planfälle" verzichten dabei auf eine Südspange. Das Ergebnis der Untersuchung liegt seit März 2016 vor und ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Denn die Gutachter geben in der Gesamtschau keiner Variante den Vorzug. Oder von der anderen Seite interpretiert: Die Südspange ist genau so schlecht wie die anderen untersuchten Alternativen.

bewertungsergebnis
Tabelle: Bewertungsergebnis der 4 Planfälle. Quelle: Kurzerläuterung Bau der A21(.pdf), Ratsinfosystem Kiel

Die Planfälle 1 und 2 unterscheiden sich im wesentlichen darin, dass die Südspange entweder als vierspurige Bundesstraße zur B76 geführt wird oder als Autobahn, wobei Fall 1 der Planung des Bundes entspricht und am wahrscheinlichsten ist. Beim Planfall 3 würde der Wellseedamm Richtung Elmschenhagen ausgebaut werden, um sozusagen eine Eckverbindung zum Ostufer zu haben als Alternativroute zum Theodor-Heuss-Ring. Bei der sogenannten "Null-Plus-Variante", dem vierten Planfall, wird die Autobahn nur bis zur Hofteichstraße geführt. Was aber trotzdem hieße, dass für den Ortsverkehr (KVAG-Busse, Rad ...) eine neue Straße nach Kronsburg gebaut werden müsste - als Verlängerung der Flintbeker Straße über den jetzigen Hörn-Eidertal-Wanderweg.

Keine Vorzugsvariante

Was nicht wundern kann: Wenn man als einziges Kriterium die Vorteile für den Autoverkehr nimmt, so schneiden die Planfälle 1 und 2 am besten ab. Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass bei dieser isolierten Betrachtung ein Auto vom Gewerbegebiet Wellsee schneller auf dem Ostufer ist als ohne Südspange.

Das Bild wird differenzierter, wenn städtebauliche Aspekte und Auswirkungen auf die Umwelt einbezogen werden. Und obwohl diese Kriterien jeweils geringer gewichtet wurden als die Bedürfnisse des Autoverkehrs, hat im Gesamtergebnis keine Variante einen Vorteil.

Autoverkehr vor Umwelt und Klima:
2019 noch eine zeitgemäße Gewichtung?

Und da darf man kritisch nachfragen: Ist die Gewichtung zugunsten des Autoverkehrs noch zeitgemäß nach dem Pariser Klimaschutzabkommen vom Dezember 2015 oder im Sinne des Masterplan 100% Klimaschutz? Und wäre nicht die Südspange gutachterlich die schlechteste Variante, wenn Autoverkehr und Umwelt zumindest gleich gewichtet wären? Und wie würde der Auftrag der Ratsversammlung an die Gutachter formuliert sein, wenn er heute und nicht 2010 formuliert worden wäre? Nach der Erklärung der "Climate Emergency" (Klimanotstand) im Mai 2019?

Zudem ist die Studie fehlerhaft. So wird zwar dankenswerter Weise erwähnt, dass entlang der Haupt-Bahnstrecke eine sogenannte Luftleitbahn existiert, wo gewissermaßen Frischluft vom Süden Richtung Innenstadt weht, was durch eine Südspange beeinträchtigt würde. Aber hinsichtlich des Artenschutzes heißt es, dass "im Bereich der Südspange keine gefährdeten Arten zu erwarten sind". Das war und ist ganz einfach falsch. Gefährdete Arten sind vorhanden und dokumentiert - auch hier auf bielenbergkoppel.de (siehe Galerie und Argumente gegen die Südspange).

Als Fazit bleibt: Die Südspange ist nicht alternativlos und bei stärkerer Gewichtung von Umweltaspekten die schlechteste Lösung. Aber alle hier untersuchten Varianten sind keine gute Lösung. Denn auch die Führung von Verkehr über Wellsee und Elmschenhagen würde nach dem Sankt-Florians-Prinzip die Probleme nur auf die dortigen Anlieger abladen, statt sie zu lösen.

Nicht untersucht wurde die 2016 von BUND und VCD ins Spiel gebrachte Variante, auf die Südspange ganz zu verzichten und stattdessen den Theodor-Heuss-Ring teilweise im Tunnel zu führen und sechsspurig auszubauen. Selbst von Seiten der Stadt wird diese Maßnahme zumindest diskutiert, um die dortige verzwickte Lage mit drohenden Fahrverboten zu lösen. Im Mai '19 brachte der NABU zustätzlich noch eine Art "erweiterter Tunnelvariante" ins Gespräch.

Ebenso ist natürlich auch die von den Gutachtern der Kieler ÖPNV-Grundlagenstudie von 2019 empfohlene Trassenbündelung der A21 mit der Bahnstrecke Richtung Hörn nicht berücksichtigt worden, die "Möglichkeiten für einen Umbau des Straßenzugs B 404 / Alte Lübecker Straße/Sophienblatt zu einer attraktiven Hauptverbindung für Busse und Fahrräder in den Kieler Süden ermöglichen [würde]." (pdf, S.264 f.)

Am sinnvollsten erscheint, Alternativen zu den bisherigen Plänen zu entwickeln und in ein sinnvolles Gesamtkonzept einzubetten. Dabei kann das Ziel nur lauten: Weniger Autoverkehr! Das hieße aber auch einen sofortigen Stopp der jetzigen Vorplanung zur Südspange.

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